Jungvertraute beim Gerätetesten
von Dietmar Dath
Um in geschlossene Gemüter vorzudringen, braucht man Werkzeug. Diese Seelen, die eine schlechte Gewohnheit versiegelt hat, sagen nicht „Move Right In“ oder wenigstens „Guten Morgen“. Sie sagen überhaupt nicht viel. Da müssen wir, damit sich doch was öffnet, also vielleicht durchsichtiger werden, als wir bisher waren; eventuell sehen die zu Schlitzen verengten Westernheldenaugen der geschlossenen Gemüter anders nicht, daß wir keinen Dolch hinterm Rücken versteckt haben. Hörst Du das? Heike singt englisch (stimmt gar nicht. Englisch singt selber, die Sprache heißt aber Heike). Andere als versiegelte Seelen gibt es nicht mehr; wir werden uns demnach mit den Gerätschaften vertraut machen müssen. Dieser Baß dort hat die nötige Nervenruhe, geht auf den leicht zu lesenden Spuren eines Igels von einer Note zur anderen und zurück; der ganze Weg passiert im Schatten glockiger Heidelbeerblüten. Der Wildlingswald wächst aus Bauten, die Gebäude aber fallen, erst noch ganz klein, aus den Büscheln mit den Kornelkirschen.
Übrigens haben wir in den Beton-Halbschalen unterm lila Mädchenmoos einen freundlichen funky Personalkostenzuschuß gefunden, wo soll der hin? Die frechste Frau ist fast fertig, wir müssen nur ein paar fehlende Kleinteile, Schrauben und Spinte ersetzen sowie die Elektrik vollständig austauschen. Auf der Wiese wollten wir angeblich eines Tages zusammen im Licht sitzen; das war auch wieder nicht wahr, hätte aber Spaß gemacht. Ein Stück mit Namen „In Transition“ ist von Hand bedienbar; etwas, das früher Schlagzeug hieß, kann neuerdings tropfen. Vorne hat es einen Schnabel, der in der Wellenaufschlagszone nach winzigsten Geschichten schnäbelt. Wie kommt der Vogel in die Hand? Wie kommt das Seepferdchen an Land? Weshalb sind Menschen interessant? Aus welchem Stoff ist Zeit, aus Sand? Bis Du immer noch andauernd ein bißchen Fabrik? Eine Belegschaft ohne Harmonium ist wie ein Streik ohne Geduld. Im Zuge der Vereinfachung kann das Xylophon im Eichfeld „Rotwelsch“ (benannt nach der ukrainischen Schauspielerinnenlegende Raquel Rotwelsch) auf extrakurze Intervalle gezogen werden; der Spannhebel regelt das unterderhand mit dem Schlagbolzen und will mit dem gesenkten Hahn kaum mehr zu tun haben als der Signalstift mit den Patronen, von welchen er lediglich anzeigt, ob sie sich noch im Patronenlager befinden oder nicht. Wer hat die Sense ans Keyboard gelehnt? Siehe, es war der große Mann, der sich für Eisen, Schmelz und Hammerwerk zuständig fühlt. Er ist, Verzeihung, vorhin auf dem lockeren Nichtstottern, das die Sängerin aus ihrer Zunge gestohlen hat, ausgerutscht und zu salzigen Kringeln geworden. Nebenbei bemerkt wäre ich froh gewesen, wenn Du mich wenigstens mal angerufen hättest! Ich weiß schon, wir haben Angst. Es kommt aber auf die Mündungsgeschwindigkeit der Singprojektile an, nicht auf die Panzerung des Herzens, ob jemand bei so einer Sache Schaden nimmt. Je weniger dick das Herz gepanzert ist, desto weniger Übles kann ihm passieren, das ist das Paradox (es heißt Versöhnung). „Blind“ nennt man den Weg nach drüben; die Grundtonart hat zwei Tanks, die sich separat befüllen lassen.
Johannes schabt am Dreiganggetriebe die mehrfaltige Baßkratzerei zurecht, suggeriert wird hiervon knarrende Takelage, da sticht sein Schiff in Sonnenschaum statt See. „Cry Tuff“, auf Gabelfedern vorgezogen, geht am Ende nicht unter, wer das glaubt, sitzt einem Hörfehler auf (die Stimme des Bauchfells, leicht haarig, wird Pastellkreide und macht beim Zerbröseln eine Malspur, die vielleicht so klingt, als ginge „Cry Tuff“ am Ende unter, aber ich wiederhole: Es ist ein Ohrenirrtum).
Wie nennt man, fragt Thomas und bläst dazu die Gitarre, als wäre sie der Bartkamm Buddhas, eine Musik, die man unbedingt laut hören muß? Die nennt man natürlich: laute Musik. Der Name hilft, weil durch ihn diejenigen augenblicklich überführt und beschämt sind, die solche Musik leise hören (von denen kann man dann nämlich sagen: „Glaubst du das, die hören sogar laute Musik leise. Wie schrecklich!“). Wir sind einander nähergekommen über diese vorsichtige Folge von Farben, man kann uns jetzt (aber eben erst seit Kurzem) Vertraute nennen. Brennt da doch tatsächlich eins von den ausgeglühten Kindern mitten im schwarzen Feuer, und was weiß die kommentierende Leserdummheit? „Soll mal nicht so viel brennen, das Ding“. Ja, da kann ich dann halt auch nichts mehr machen. Wer soviel Beta-Carotin in den Füßen hat, der muß eben gelbrot nachhause laufen. Wir helfen schließlich nicht jedem; uns aber hilft Johann Wolfgang von Forsbäck, sein Mitsingen darf alles, weil es das meiste davon gerne mag.
Wir fassen zusammen. Schlips, Schlitz, Straß, Stock, Pasta, Pilzmaus und der Ursprung des Lebens in einer Plastikschere, die man mit Draht umwickelt hat, damit sie nicht wegläuft: Dies also sind, überschaubar versammelt, die Dinge, mit denen wir Zutritt zu den abgedichteten Seelen gewinnen können. Wir lassen es aber bleiben, in sie vorzudringen, Du und ich. Wir knacken die geschlossenen Gemüter nicht, wir bleiben draußen, wir lassen uns nicht in diese enge Leere locken. Das Werkzeug, nämlich, läßt sich nicht nur dazu gebrauchen, jene Siegel zu zerbrechen.
Wir können auch damit spielen.